Chancen der Internationalisierung
Für viele Unternehmen stellt die Erschließung ausländischer Märkte einen Schlüssel zum Erfolg dar. Viele Geschäftsmodelle und Produkte eignen sich gut für die Internationalisierung. Auch Lieferketten und Partnerstrukturen im In- und Ausland sind sinnvoll für sicheres Wirtschaften. Ein nicht ganz neuer, aber viel diskutierter Markt bei der Internationalisierung ist Afrika. Wir haben mit Holger Görg, dem Direktor des Forschungszentrums 'Internationaler Handel und Investitionen' am Kiel Institut für Weltwirtschaft über Chancen und Herausforderungen gesprochen.
WTSH-Onlineredaktion: Vorab ganz allgemein, welche Vorteile bieten sich den Unternehmen durch die Internationalisierung? Wieso sollten sich Unternehmen damit beschäftigen?
Holger Görg: Die Vorteile sind vielfältig. Zum ersten natürlich öffnet die Erschließung neuer Märkte Wachstumspotenzial und ermöglicht auch die Risikostreuung – man ist also nicht mehr nur von den „alten Märkten“ abhängig. Zum zweiten gibt es auch das Potenzial von Konsumenten und Märkten zu lernen – z.B. inwieweit das Produkt weiterentwickelt oder angepasst werden sollte. Und man lernt die Kultur, Arbeitsweise und Arbeitskräfte kennen – dieses neue Wissen kann dann auch zur Erschließung anderer Märkte, oder zur Optimierung der Produktion zuhause, eingesetzt werden. Nicht vergessen sollte man auch, dass die Internationalisierung Zugang zu neuen Zulieferern oder Rohstoffquellen geben kann.
WTSH-Onlineredaktion: Wie können Unternehmen sich optimal vorbereiten auf eine Internationalisierung?
Holger Görg: Die empirische Außenhandelsforschung sagt uns ganz eindeutig, dass die produktivsten Unternehmen im Ausland aktiv und erfolgreich sind. Das Unternehmen muss also international wettbewerbsfähig sein – nicht nur im Vergleich zu den einheimischen Unternehmen im Zielland, sondern auch zu internationalen Mitbewerbern. Und natürlich ist eine gewisse Kenntnis der Eigenheiten des Zielmarkts notwendig – nicht nur zu Zoll- und Handelsschranken und anderen bürokratischen Hürden, sondern auch zu Konsumentenverhalten und -eigenheiten im Markt.
WTSH-Onlineredaktion: Ein viel diskutierter Markt ist aktuell Afrika. Welche Chancen bietet der Kontinent?
Holger Görg: Afrika ist ein riesengroßer Kontinent mit mehr als 50 Ländern. Insgesamt hat der Kontinent eine sehr junge Bevölkerung und ein großes Wachstumspotenzial. Konsumgüter werden stark nachgefragt aber auch Investitionsgüter (Maschinenbau) werden für die weitere Entwicklung gebraucht. Und viele Länder sind sehr technologie-affin, daher dürften Software-Anwendungen sehr gefragt sein.
WTSH-Onlineredaktion: Welche Risiken und Herausforderungen gibt es für Unternehmen aus dem echten Norden?
Holger Görg: Politische Unsicherheiten und Konflikte sind natürlich ein Thema in einigen der afrikanischen Länder. Der Umgang mit ökonomischen Ungleichheiten sind ebenfalls eine Herausforderung für Unternehmen. Aus wirtschaftlicher Sicht ist immer noch ein großes Problem, das intra-afrikanischer Handel – also der Export aus einem afrikanischen Land in das andere - sehr schwer ist. Hoffen wir, dass die noch relativ neue Afrikanische Freihandelszone daran etwas ändern wird.
WTSH-Onlineredaktion: Wir planen eine Unternehmerreise mit dem Themenschwerpunkt Energiewirtschaft nach Südafrika. Was sind in diesem Bereich die besten Anknüpfungspunkte für Unternehmen?
Holger Görg: Südafrika hat 2022 einen Energy Action Plan eingeführt, der die Energieversorgung durch einen Reihe von staatlichen und privaten Initiativen fördern will. Das Ziel ist langfristige Energiesicherheit. Hier können deutsche Unternehmen vor allem als Zulieferer von Maschinen und Anlagen anknüpfen.
Zur Person
Holger Görg ist Professor für Außenwirtschaft an der Christian-Albrecht-Universität zu Kiel und Direktor des Forschungszentrums 'Internationaler Handel und Investitionen' am Kiel Institut für Weltwirtschaft. Seit 2016 leitet er das Kiel Centre for Globalization.
Seine Forschungsinteressen liegen in empirischer Außenhandelsforschung, insbesondere in der Betrachtung von Aktivitäten von multinationalen Unternehmen, ausländischen Direktinvestitionen, internationalem Outsourcing und Exporten. Dazu hat er in einschlägigen internationalen Fachzeitschriften publiziert. Weiterhin war Herr Görg als Berater für, u.a., die Weltbank, die Europäische Kommission, die UN Industrial Development Organization und verschiedene Ministerien tätig.