Quo vadis Personalauswahl?

Was vor einigen Jahren noch undenkbar war, wurde in Pandemiezeiten eher aus der Not heraus vorangetrieben. Durch Kontaktbeschränkungen während Corona sind bei Recruitern Personalauswahlinstrumente in den Fokus gerückt, die ein Kennenlernen und auch eine Einschätzung der Bewerberinnen und Bewerber ermöglichen, ohne ein persönliches Treffen. Dennoch haben in der digitalisierten Arbeitswelt Online-Auswahlverfahren noch nicht den notwendigen Stellenwert erlangt, meint Prof. Dr Tim Warszta von der Fachhochschule Westküste. Hier gibt er Antworten:

WTSH-Online Redaktion: Inwiefern sind die Instrumente der Personalauswahl durch Corona digitaler geworden? 

Prof. Dr. Tim Warszta: Recruiter sind den Schritt in die digitale Personalauswahl gegangen, wenn auch noch nicht in vollem Maße. Unternehmen nutzen mittlerweile zum Beispiel Video-Interviews und Online-Testverfahren. Sogar Assessment Center werden remote durchgeführt. Dabei sind diese Auswahlinstrumente, die jetzt verstärkt zum Einsatz kommen weit mehr als bloße Notlösungen, wenn man sie richtig nutzt.

WTSH-Online Redaktion: Wie sind sie denn Ihrer Meinung nach richtig zu nutzen?

Prof. Dr. Tim Warszta: Auch bei der Nutzung digitaler Formate gilt: Die Basis einer guten Personalauswahl ist immer ein fundiertes Anforderungsprofil. Bevor ich eine Stellenausschreibung formuliere, sollte ich mir Gedanken machen, welche Kompetenzen - im Sinne von Fähigkeiten - die gesuchte Person für den Job benötigt. Aus diesem Anforderungsprofil leitet sich dann ab, wie die Stellenausschreibung aussehen soll. Erst dann kann ich hieraus die richtigen Interviewfragen ableiten. Ich weiß, welche Tests ich einsetzen muss und kann die Übungen für ein Assessment Center ableiten. Habe ich diese „Hausaufgaben“ erledigt, muss ich die die Besonderheiten der digitalisierten Auswahl zu berücksichtigen. 

WTSH-Online Redaktion: Die da wären?

Prof. Dr. Tim Warszta: Mittlerweile liegen eine Reihe von Forschungsergebnissen zu digitalisierten Verfahren wie beispielsweise Video-Interviews vor. Dabei hat sich gezeigt, dass Bewerberinnen und Bewerber in Video-Interviews tendenziell schlechter beurteilt werden als in Face-to-Face Interviews. Insofern sollten Recruiter darauf achten, dass alle Bewerberinnen und Bewerber dasselbe Verfahren durchlaufen, also entweder alle Face-to-Face oder alle Video-Interviews. So dass alle unter denselben Voraussetzungen in die Bewerbung eintreten können. Recruiter sollten den Bewerberinnen und Bewerbern sowohl das digitale Bewerbungsverfahren als auch die digitale Personalauswahl gut erklären und näherbringen. Das steigert die Akzeptanz auf Seiten der Bewerberinnen und Bewerber. Denn hier, so besagen Studien, sind Face-to face Interviews immer noch beliebter als Video-Interviews. 

WTSH-Online Redaktion: Welchen Nutzen haben digitale Personalauswahlverfahren?

Prof. Dr. Tim Warszta: Für die Unternehmen: Die Unternehmen, die bereits online Auswahlverfahren durchführen, sehen den Mehrwert in der Zeit – und kostenersparnis und der Nutzerfreundlichkeit. Studien zufolge lag unter den Befragten die Zeitersparnis durch eine online Vorauswahl bei 37 Prozent. Sicherlich werden klassische Motivationsschreiben eher bedeutungslos werden, da sie in einer sich schnell verändernden Arbeitswelt weniger Vorhersage bieten. Für Bewerberinnen und Bewerber: Sie finden ihre Bedürfnisse nach unkomplizierten Bewerbungen über mobile Websites, zügige Rückmeldung und hohe Transparenz erfüllt.

Mein Fazit: Die Personalauswahl wird digitaler. Gespräche per Video werden Standard werden, ebenso wie digitale Assessment Center und Bewerbungsmanagementsysteme, in dem alle Informationen zentral verwaltet werden. Entscheidungsprozesse werden vereinfacht, Zeit – und Kostenersparnis werden größer.

Das Interview führte Ute Leinigen

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