100 Jahre Gebrüder Friedrich Werft in Kiel

100 Jahre zukunftsfähig!

2021 war ein besonderes Jahr für die Gebr. Friedrich Schiffswerft. 100 Jahre ist es her, seit die Werft durch die Brüder Wilhelm und Johann Friedrich gegründet wurde. Und wir haben mit der Geschäftsführerin und Inhaberin Kathrin Birr über Vergangenheit und Zukunft gesprochen: Der zweite Weltkrieg, die Wende oder die Strukturkrisen im Schiffbau: Das Unternehmen trotzte schon so einigen Krisen.

WTSH-Online-Redaktion: Was waren rückblickend für Sie, bzw. für Ihr Unternehmen große Herausforderungen?  

Katrin Birr: Ja, der zweite Weltkrieg ist vor allem bedingt durch unseren Standort hier in Kiel ein sehr großer Einschnitt gewesen. Für uns war auch die Wende mit der deutschen Wiedervereinigung eine Herausforderung: viele Aufträge wurden auf einmal an ostdeutsche Werften vergeben, z.B. auch durch die Marine. Das haben wir deutlich gespürt. Die Strukturkrisen im Schiffbau erfassen uns erst in zweiter Welle. Da sind die großen Schiffbau-Werften als erstes betroffen. Wir spüren aber auch aktuell den Druck, der auf der Branche lastet, vor allem die Herausforderung, Mobilität neu zu denken.

WTSH-Online-Redaktion: Wie haben sie in der Vergangenheit solche Krisen bewältigt?

Katrin Birr: Neue Dinge anzugehen liegt praktisch in unserer DNA. Wir haben uns nicht direkt mit dem Neubau beschäftigt, sondern arbeiten im Bereich der Schiffsreparaturen und der Instandsetzung. Auch hier spürt man deutlich den Wandel im Schiffbau. Für viele ältere Schiffe sind Ersatzteile nicht mehr verfügbar und die neuen Schiffe warten mit gänzlich anderen Technologien auf. So waren wir schon immer gezwungen, uns anzupassen, Ideen zu entwickeln und uns nicht auszuruhen auf dem was wir haben. Wir mussten immer sehen, wo die Reise hingeht und Entwicklungen vorausdenken. Darin sehe ich auch unsere große Stärke im Unternehmen. Wir denken immer darüber nach, was man noch tun kann. Ein Unternehmen muss möglichst breit aufgestellt sein. So haben wir dann 1993 auch unser Tochterunternehmen Gebr. Friedrich Elektrotechnik gegründet und 2016 einen Metallbaubetrieb in unser Unternehmen integriert.  

WTSH-Online-Redaktion: Und aktuell? Viele Unternehmen nennen die Digitalisierung, den Energiebedarf und den Fachkräftemangel als große Herausforderungen. Betrifft das auch die Gebr. Friedrich Werft oder stehen Sie vor ganz anderen Herausforderungen? 

Katrin Birr: Der Fachkräftemangel ist sehr deutlich zu spüren. Nicht nur in unserem klassischen Werftbetrieb haben wir Mühe gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor allem aber auch Auszubildende zu finden, sondern auch im IT-Bereich ist es unglaublich schwer Fachkräfte zu bekommen. Auch die Digitalisierung ist eine große Herausforderung. Der Dokumentationsaufwand wächst stetig. Bei uns ist Nachhaltigkeit ein großes Thema. Bisher waren Schiffe bei der Frage nach neuer Mobilität nicht so in der Diskussion. Aber die Notwendigkeit die Antriebssysteme von Schiffen unter ökologischen Aspekten zu betrachten ist da. Da stehen wir vor allem vor vielen Fragezeichen. Es ist in der Branche noch nicht entschieden, welche Lösung es wohl sein wird: wir sprechen z.B. über Elektromobilität, synthetische Kraftstoffe, LNG und Brennstoffzellen. Und da sind wir als Unternehmen gefordert momentan in alle Richtungen zu denken und uns so breit wie möglich aufzustellen.

WTSH-Online-Redaktion: Wie sieht das konkret aus? 

Katrin Birr: Wir haben kürzlich viel in die Infrastruktur an unserem Standort investiert, damit wir Schiffe mit Elektroantrieb bei uns in der Werft auch laden können. Das ist ein immenser Aufwand und eine große Herausforderung gewesen, auch finanziell. Schließlich reicht da nicht eine einfache Steckdose aus. Und wir beteiligen uns aktiv an Projekten, um ganz nah am Puls der Zeit zu bleiben. Gerade hier in der Region tut sich viel im Bereich der neuen Mobilität. Es gibt da z.B. die Initiative CAPTN, bei der es darum geht, eine integrierte innerstädtische Mobilitätskette autonomer sauberer Verkehrsträger zu Wasser und zu Land mit Wasser-Land-Schnittstellen für den öffentlichen Personennahverkehr zu etablieren. Und wir haben erst kürzlich eine Ausschreibung gewonnen, bei der es um den Bau autonomer Schiffe geht.

WTSH-Online-Redaktion: Das klingt alles sehr spannend. Was denken Sie braucht ein KMU, um zukunftsfähig zu bleiben? Und zwar nicht nur in den kommenden Jahren, sondern langfristig. 

Katrin Birr: Mitarbeiter! Das ist wirklich wichtig. Wir bei der Gebr. Friedrich Werft wissen einfach, dass wir nichts sind ohne unsere inspirierenden und motivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Und deshalb formen wir unser Personal nicht in eine bestehende Stelle, sondern wir passen im Zweifelsfall die Stelle an, so dass sie perfekt auf den Bewerber passt, den wir gerne im Team haben wollen. Wir arbeiten bei uns sowieso nicht mit festen Abteilungsstrukturen sondern in Projekten. Das schafft uns Flexibilität. Und die Flexibilität ist ein weiterer Baustein für langfristig erfolgreiche Unternehmen. Und was noch ganz wichtig ist: losmarschieren. Man kann nicht immer nur abwarten, sondern muss die Dinge anpacken. Viele Benefits kommen auf dem Weg und manchmal muss man das Ziel vielleicht etwas anpassen, wenn man merkt, dass sich ein Projekt in eine andere Richtung entwickelt.

WTSH-Online-Redaktion: Wie meinen sie das? 

Katrin Birr: Wir haben uns zum Beispiel mit Reverse Engineering bei unseren Reparaturen beschäftigt. Ganz banal formuliert haben wir das kaputte Bauteil gescant, um es digital zu reparieren. Und dabei festgestellt, dass das Scannen für uns noch ganz andere Vorteile bringen kann. Wir müssen vieles gar nicht mehr ausmessen, sondern wir scannen es und passen es so an. Ein weiteres Beispiel ist die additive Fertigung: wir reparieren Schiffe, für die es gar keine Ersatzteile mehr gibt, müssen aber vielleicht Baugleichheit zu anderen Schiffen garantieren. Also beschäftigen wir uns in einem Projekt mit der additiven Fertigung von Bau- und Ersatzteilen. Hier stehen wir aber noch ganz am Anfang und wissen nicht genau, was am Ende dabei rauskommt - da sind wir im Moment sozusagen noch in der Forschungsphase!

WTSH-Online-Redaktion: Haben Sie einen Rat für andere Unternehmerinnen und Unternehmer? 

Katrin Birr: Nicht verängstigen lassen! Gerade für StartUps ist es manchmal schwierig, sich ohne festen Kundenstamm immer weiter zu verändern und anzupassen. Aber als Unternehmer oder Unternehmerin braucht man einfach auch mal ein bißchen Mut – Mut zur Investition und zur Veränderung – und den Glauben an sich selbst.

Das Interview führte Sabine Konejung

Gebr. Friedrich GmbH & Co. KG

  • Standort: Kiel/Pries
  • Beschäftige: 80
  • Gründung: 1921
  • Branche: Maritime Wirtschaft
  • Services: Schiffsreparaturen, Schiffsumbauten, Sonderfertigung, Consulting 
  • Mehr Informationen: https://www.gfwerft.de

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