Innovationsschutz wichtiger denn je – nur wie? Hilfe zur Selbsthilfe 

In Sachen Innovationen stehen die KMU im Zeitalter von Globalisierung, Digitalisierung und dem demographischen Wandel vor großen Herausforderungen. Hinzu kommt eine steigende Komplexität moderner Technologien bei gleichzeitig verkürzten Produktlebenszyklen. Wenn sich Produkte, Dienstleistungen und Kundenerwartungen verändern – und das tun sie mit zunehmender Geschwindigkeit – müssen Unternehmen mithalten, indem sie gezielt, strategisch, markt- und kundengerecht innovieren. Und nicht nur das: sie müssen ihre Innovationen schützen. Doch gerade beim Thema Schutzrechte gibt es in den Unternehmen häufig zu wenig Ressourcen, um Innovationen für das eigene Unternehmen zu bewahren. Wie kann Abhilfe geschaffen werden? Wir sprachen mit PMZ-Leiterin Steffi Jann über Hilfe zur Selbsthilfe:

Teamleiterin Patent und Markenzentrum Steffi Jann

WTSH online Redaktion: Beginnen wir doch einmal ganz am Anfang: Warum ist es so wichtig zu innovieren und gleichzeitig seine Innovationen zu schützen?

Steffi Jann: Wer nicht innoviert, wird nicht wettbewerbsfähig bleiben. Und wer seine Innovationen nicht schützt, stellt seine Entwicklungen dem Wettbewerb zur freien Nachahmung zur Verfügung. Zu argumentieren, dass man “unter dem Radar zu fliegt” oder seine Erfindungen geheim hält, ist im digitalen Zeitalter und auf dem heutigen Arbeitsmarkt immer schwieriger zu gewährleisten. Sie dürfen nicht vergessen: Auch geistiges Eigentum ist Eigentum und damit ein Wirtschaftsgut! Wer Investoren sucht, am Wissensaustausch interessiert ist oder Kooperationen eingehen möchte, hat mit Patenten einen Wert, der eingebracht werden kann und Sicherheit gibt. Denn ohne ein Schutzrecht steht eine Erfindung jedermann frei zu Verfügung.

WTSH online Redaktion: Welches Bild zeichnet sich aus Ihrer Erfahrung in den Unternehmen im Hinblick auf den Umgang mit Schutzrechten? Ist es ein Ressourcenthema?

Steffi Jann: Was wir beobachten können, ist, dass unsere KMU immer weniger Ressourcen haben, um sich ausreichend mit dem Thema Innovationsschutz auseinandersetzen. Auch hier schlägt der demographische Wandel zu. Erfahrene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehen in den Ruhestand und hinterlassen große Lücken – im Innovations- und Schutzrechtsmanagement vor allem Wissenslücken. Oft ist es sehr schwierig, diese Stelle nachzubesetzen, da auch auf diesem Gebiet Fachkräfte fehlen. Aufgrund der Komplexität der Aufgabe und sicher auch der Kosten, die damit verbunden sind, fällt der Innovationsschutz leider schnell betrieblichen Einsparungen zum Opfer. Aber das darf auf keinen Fall die Alternative sein, dem muss aktiv entgegengewirkt werden! Wenn es niemanden mehr im Unternehmen gibt, der aufgrund seines Wissens und seiner Erfahrung die Möglichkeiten und Risiken bewerten kann, die mit eigenen oder fremden Neuentwicklungen und Schutzrechten einhergehen, wird es für ein Unternehmen schwer, gute und in die Zukunft tragende Entscheidungen zu treffen.

WTSH online Redaktion: Aber was kann man dagegen tun? Wir leiden nun mal am Fachkräftemangel und die Babyboomer verabschieden sich mit einem enormen Wissen in den Ruhestand. Wie will man die Kuh vom Eis holen und was raten Sie?

Steffi Jann: Ich rate den Unternehmen zuerst, die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schulen. Grundwissen über Schutzrechte sollte überall, wo Innovationsprozesse laufen, vorhanden sein. Auch wenn man selbst tatsächlich keine Schutzrechte anmelden möchte, kann man sich der Sache nicht einfach entziehen – wenn der Wettbewerb einen ärgern möchte, kann er das mit seinen Patenten. Und die sollte man wenigstens kennen. Man kann Schutzrechte, insbesondere Patente, aber auch zur Wissensgewinnung und Inspiration nutzen, denn darin sind immer Lösungen für technische Probleme beschrieben. Ein Patentingenieur weiß solche Quellen zum Vorteil seines Unternehmens zu nutzen. Nun fallen Patentingenieure nicht vom Himmel, und die Absolventen der wenigen Hochschulen in Deutschland, die Patentingenieure ausbilden, haben keine Schwierigkeiten, sofort eine Anstellung zu finden. Deshalb lohnt es sich auch, über ein berufsbegleitendes Angebot an die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nachzudenken, die sich im Rahmen eines dualen Studiums zum Patentingenieur qualifizieren können. An einigen Hochschulen vor allem im Süden Deutschlands gibt es dazu gute Möglichkeiten.

WTSH online Redaktion: Können Sie hierzu ein Beispiel nennen?

Steffi Jann: Die TH Ingolstadt bildet nicht nur Patentingenieure im Masterstudiengang aus, sondern richtet sich mit ihren „TrainInG“-Kursmodulen an KMU und StartUps, die in diesem Bereich noch keine oder wenig Erfahrung haben. Der Fokus liegt insbesondere auf den Chancen und Herausforderungen, die sich durch die Digitalisierung ergeben, und auf dem Schutz grüner Technologien in den Zukunftsfeldern Energie, Umwelt, Klima und Mobilität.

WTSH online Redaktion: Ein weiteres Beispiel?

An der Hochschule Heilbronn wird der Weiterbildungslehrgang „Recht der innovativen Technologien“ angeboten. Der Lehrgang richtet sich ebenfalls auch an Personen ohne juristischen Hintergrund (Ingenieure, ITler, BWLer) z.B. in F&E- oder IP-Abteilungen sowie im Bereich Produktion, Vertrieb, Marketing oder Geschäftsführung. Er bietet eine fundierte rechtliche Zusatzqualifikation für alle, die in einem innovativen Umfeld mit Geistigem Eigentum in Berührung kommen. Wenn Unternehmen aus Schleswig-Holstein Interesse an diesen oder ähnlichen Weiterbildungsprogrammen haben, können sie sich für weitere Informationen gerne an uns wenden.

WTSH online Redaktion: Gibt es neben einem berufsbegleitenden Studium für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern noch weitere Möglichkeiten für Unternehmen, Ressourcen zu schaffen?  

Steffi Jann: Durchaus. Wir haben z.B. gute Erfahrungen damit gemacht, den Unternehmen Werkstudenten zu vermitteln, die über sechs Monate bei der Implementierung und Optimierung von Innovations- und Schutzrechtsprozessen helfen. Die Studenten bringen ihr frisches Wissen aus der Hochschule ins Unternehmen, schreiben zu diesem Projekt ihre Bachelor- oder Masterarbeit und werden dabei von ihren Lehrkräften betreut. Das Risiko für das Unternehmen ist also gering. Zu erwähnen wäre, dass die Abschlussarbeit am Ende unter Geheimhaltung gestellt werden kann, was im Bereich Innovationsschutz sicher nicht unbedeutend ist. Ganz nebenbei kann sich das Unternehmen auf diese Weise auch als attraktiver Arbeitgeber empfehlen.

WTSH online Redaktion: Mit Ihren langjährigen Erfahrungen im PMZ unterstützen sie viele Unternehmen. Bieten Sie (eigentlich) Ihr Wissen auch den Hochschulen an?

Steffi Jann: Ja, das machen wir und würden es gerne auch noch häufiger tun! Studien aus Deutschland und Europa belegen, dass das Schutzrechtsbewusstsein insgesamt sinkt, was für eine wissensbasierte Gesellschaft wie unsere eine Katastrophe ist. Wir sind ein rohstoffarmes, im- und exportabhängiges Land – das Einzige, wo wir nicht abhängig sind, sind unsere Innovationen! Warum schützen wir die immer weniger? Deshalb ist es meinen Kollegen im PMZ und mir so wichtig, das Bewusstsein für den Wert von Innovationen und deren Schutz schon in die MINT-Fächer und insb. in die technischen Studiengänge an den Hochschulen zu tragen. Wir freuen uns über jede Anfrage einer Professorin oder eines Professors, über jeden Vortrag und jeden Workshop, den wir übernehmen und gestalten dürfen!

Fazit

KMU müssen nicht nur ihre Ziele definieren, Ideen generieren, erfolgreiche Innovationsprozesse aufsetzen, die dafür notwendigen finanziellen Mittel bereitstellen, sondern auch Kompetenzen zum Schutz dieser Innovationen bereitstellen. Wenn es aus eigener Kraft nicht reicht, sollten Unternehmen zum Beispiel Angebote von Hochschulen zur Weiterbildung nutzen. Hilfe zur Selbsthilfe, um am Markt wettbewerbsfähig zu bleiben.   

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Thorsten Rentsch
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Dr. Nils Schedukat
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