Investieren in Afrika

Eine Chance für den schleswig-holsteinischen Mittelstand? 

Der deutsche Mittelstand entdeckt Afrika mehr und mehr als Marktchance. Im Gegensatz zu den zunehmend gesättigten Industrienationen, gibt es auf dem afrikanischen Kontinent Bedarfe und Potenziale für viele Märkte und Branchen. Mit einer rasant wachsenden Bevölkerung und einer sich stark entwickelnden Mittelschicht, ergeben sich vielfältige Chancen - aber auch große Herausforderungen, Hürden und Risiken. Das Flensburger Unternehmen Queisser ist auf dem afrikanischen Kontinent aktiv – und das bereits seit 15 Jahren.

Abian Jama, Senior Sales Manager bei Queisser

Afrika ist nicht gleich Afrika 

„Afrika ist sehr erfinderisch“, meint Abyan, Senior Sales Manager bei Queisser. „Wir lernen von Afrika, in andere Richtungen zu denken. Ein Geschäftsaufbau und eine Markterschließung nach Schema F würde in Afrika nicht funktionieren, ist er sich sicher. „Wir müssen das spontane Kaufverhalten in Afrika immer berücksichtigen. Das bedeutet, alles ist weniger planbar.“

Wenn es um die Erschließung neuer Märkte geht, muss man die Vielschichtigkeit des afrikanischen Kontinents berücksichtigen. Mit seinen vielen Kulturen und unterschiedlichen Sprachen ist Afrika sehr komplex. Auch daran erkennt man, wie heterogen dieser Kontinent ist: 30 Prozent der Bevölkerung in der Subsahara haben Probleme mit ihrem Vitaminhaushalt, hier besteht demnach ein Markt für etwaige Queisser Vitamin Nahrungsergänzungsmittel. In Nigeria gibt es einen großen Anteil an Diabetikern, hier gibt es einen Markt für solche Produkte aus der Queisser Produktpalette. 

Queisser konzentriert sich (zunächst einmal) auf dem französischen und englischsprechenden Teil des Kontinents. Begonnen hat alles im Jahre 2008 in Nordafrika – in Algerien und Tunesien mit einem reinen Importgeschäft. Mittlerweile erstreckt sich das Geschäft mittlerweile auf ganz Nordafrika, die Subsahara, Südafrika, Namibia, Uganda, Kamerun, Angola, Djibouti und die Elfenbeinküste. 

Jean-Paul Bom, Senior Sales Manager Queisser

Geschäfte auf Augenhöhe

Ein Konzept, das funktioniert: die Markterschließung mit Vertriebspartnern vor Ort. „Dieses System hat sich bewährt, denn Bedürfnisse bekommt man nur aus dem Markt heraus“, sagt Senior Sales Manager Jean-Paul Bom. „Und unsere Partner vor Ort kennen die Bedürfnisse und Notwendigkeiten.“ Queisser hat dieses „im Markt“, „am Puls der Zeit“ sein, noch optimiert. Seit mehreren Jahren übernehmen zwei Spezialisten, die lange in Afrika gelebt haben, in Afrika geboren sind oder afrikanische Wurzeln haben und den Kontinent sehr gut kennen, die Markterschließung. Die beiden Sales Manager, Jean Paul Bom und Abyan Jama, bilden den Zugang zu den Kulturen und Menschen vor Ort, flankiert von Marktanalysen und zielgruppenorientiertem Marketing. Für Bom und Jama ist klar, dass Networking die eigentliche Basis für das Afrika Geschäft darstellt. Das erfordert viel Input und Gespür, zahlt sich aber aus. Exportdirektor Axel Jürgensen ist zufrieden mit diesem Markterschließungs-Modell, auch wenn es anfangs gewöhnungsbedürftig war, dass die beiden Spezialisten ihr Business fast ausschließlich mit dem Telefon tätigen. „In Afrika laufen die Geschäfte per Telefon, daran müssen wir uns orientieren“, erklärt Jean Paul Bom. „In Deutschland gilt wer schreibt, der bleibt, in Afrika ist das eben nicht der Fall. Hier gilt mehr das Gentlemen Agreement.“ Diese andere Art der Markterschließung und des Geschäftemachens muss auch im eigenen Unternehmen selbst vermittelt werden. Dass die beiden Afrika-Experten anders arbeiten als ihre Kolleginnen und Kollegen, hat auch die Unternehmenskultur bei Queisser in Flensburg beeinflusst. Es fand ein interkultureller Lerneffekt statt, der die Unternehmenskultur bereichert hat, darin sind sie sich einig.

Die Queisser DNA

Vielerorts ist man ein wenig erstaunt darüber, dass Queisser da oben, im Norden Deutschlands, kurz vor Dänemark angesiedelt ist und von dort aus weltweite Geschäfte tätigt. „Was wir wahrnehmen ist, dass die Menschen aus dem Norden scheinbar kein Oberlehrer-Image haben. Sie werden als ein wenig ruhiger, sachlicher, authentischer und sehr verbindlich wahrgenommen“, erzählt Jama. Das helfe ungemein, Geschäfte auf Augenhöhe abzuwickeln. Und genau das wird von Afrika-Experten und Unternehmensberaterinnen- und Beratern im Hinblick auf eine erfolgreiche Afrika Strategie empfohlen, auch um sich von der insbesondere chinesischen Konkurrenz abzusetzen. Bei Queisser ist es längst Teil der Unternehmens DNA. 

Produktregal Queisser, Doppelherz Produkte

Hürden und Handy

Für viele deutsche Unternehmen ist es eine große Hürde, in Afrika aktiv zu werden. Man braucht einen gewissen Vorlauf, um Importpartner zu suchen und zu finden. "Hinzu kommt, dass die Produktregistrierung bis zu 24 Monate dauern kann und nicht günstig ist, verbunden mit einem enormen Arbeitsaufwand für unsere Kollegen in der wissenschaftlichen Abteilung, die die Zulassungsunterlagen erstellen müssen neben den jeweiligen analytischen Berichten. Für viele deutsche Unternehmen ist dies ein Grund, das Handtuch zu werfen“, meint Jürgensen

Übrigens: das Handy ist eines der wichtigsten Utensilien im Alltag. Über das Handy laufen nicht nur  Kommunikation und Geschäfte, sondern sämtliche Bezahlvorgänge und Überweisungen – und das bereits seit zehn Jahren. „Afrika ist viel digitaler, als wir denken“, bestätigen die beiden Afrika-Experten. Und die Nachfrage nach digitalen Lösungen, steigt. Es gibt viele Banking Apps, die es einer breiten Bevölkerungsschicht ermöglichen, auf ihr Konto zuzugreifen und Zahlungen vorzunehmen. Ein Beispiel für Bezahllösungen in Afrika ist das kenianische – M- Pesa. Es gilt als eines der erfolgreichsten mobilen Bezahlsysteme der Welt. M-Pesa macht es möglich, Geldbeträge per SMS zu versenden. Dies kommt dem spontanen Kaufverhalten sehr entgegen und bringt das Geld permanent in Umlauf. Viele sehen darin auch einen wichtigen Schritt in Richtung Armutsbekämpfung. Bereits 2016 nutzten 30 Millionen Menschen in zehn Ländern diesen Dienst. 

Queisser hat sich dafür entschieden, die Marktchance Afrika zu ergreifen und auszubauen. In Flensburg hat man sich auf die Bedarfe des afrikanischen Marktes eingestellt und entwickelt zulassungsgerechte Produkte für den afrikanischen Markt. Doch das ist es nicht allein, was den Erfolg ausmacht. Exportdirektor Jürgensen fasst zusammen, was man braucht, um die Marktchance Afrika zu nutzen: 

„Man braucht Geduld, Pragmatismus, Kreativität und die richtigen Leute.“

Queisser Pharma GmbH & Co. KG

  • Standort: Flensburg
  • Beschäftige: 620
  • Gründung: 1897
  • Branche: Life Sciences
  • Services: freiverkäufliche Arzneimittel, Nahrungsergänzungsmittel und Medizinprodukte Marken: Doppelherz, Protefix, Stozzon, Ramend, Litozin, Tiger Balm
  • Mehr Informationen: http://www.queisser.de

Marktchance Subsahara 

Allein diese Region besteht aus 46 Staaten mit vier unterschiedlichen Landessprachen. Afrika-Expertinnen und Experten attestieren der Subsahara gute Chancen für den deutschen Mittelstand. So lag zum Beispiel hier in den vergangenen Jahren das durchschnittliche BIP Wachstum bei fünf Prozent pro Jahr. Eine zunehmende Urbanisierung und eine wachsende Mittelschicht führen zu mehr Kaufkraft. Durch weit verbreitetes mobiles Banking und digitale Marktplätze gibt es immer mehr Chancen, Produkte auf lokalen Märkten anzubieten. Während in den Maghreb Staaten bereits 70 Prozent der Bevölkerung zur Mittelschicht zählen - Tendenz steigend - ist die Kaufkraft in der Subsahara Zone eher (noch)problematisch, auch wenn hier bereits rund 70 Prozent des Einkommens für Nahrung (und Nahrungsergänzungsmittel) ausgegeben wird. Im Vergleich: in der EU sind es rund 12 Prozent). 

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