Von Kooperationen profitieren - Wie bringt man StartUps und KMU zusammen?
Das Netzwerken ist Teil der DNA in der WTSH. Ob es darum geht, die richtigen Kooperationspartner für Innovationsvorhaben zu finden oder sich mit Forschungseinrichtungen oder anderen Playern in Zukunftsbranchen zu vernetzen oder die Unternehmen an der richtigen Stelle ihres Bedarfes entsprechend zu unterstützen. Das große WTSH-Netzwerk und das Know-how ist mittlerweile auch für das Zusammenspiel zwischen KMU und StartUps sehr wertvoll. So liegt es auf der Hand, dass das Matching von jungen und etablierten Unternehmen zu einem festen Bestandteil des WTSH Portfolios geworden ist. Wie das läuft, wer welchen Nutzen hat und was die Learnings sind? Das wissen StartUp-Expertin Dr. Annelie Tallig und Peer Biskup, Teamleiter Innovationsberatung.
WTSH online Redaktion: Die WTSH hat in der Vergangenheit immer wieder als intermediär in analogen und digitalen Veranstaltungen dazu beigetragen, sowohl KMU als auch StartUps die Möglichkeit zu bieten, sich vorzustellen, zu beschnuppern und sich möglicherweise auch als potenzielle Partner zu identifizieren. Hand aufs Herz: Bringen all diese Formate den gewünschten Erfolg?
Peer Biskup: Um ehrlich zu sein, nicht immer. Wahllos zusammengewürfelte Gruppen aus den beiden Bereichen haben sich in der Regel wenig bis gar nichts zu sagen. Anders ist es allerdings, wenn sich KMU und StartUps auf einer thematisch passenden Ebene begegnen, zum Beispiel Energie und Software. Das bedeutet zwar im Vorfeld eine ganze Menge Arbeit, aber es lohnt sich. So konnten wir bei unserem letzten großen Matching Event knapp 20 Kooperationen zwischen KMU und StartUps in Gang bringen.
Dr. Annelie Tallig: Hinzu kommen Faktoren, die wir nicht beeinflussen können. Unternehmen - KMU sicherlich mehr als StartUps - nehmen sich nur dann Zeit für Matching-Möglichkeiten, wenn ansonsten „gerade alles andere läuft“. Plötzlich auftretende Herausforderungen, die Unternehmertum klassischerweise prägen und schnell gelöst werden müssen, haben üblicherweise Vorrang. So berichtete mir ein StartUp kürzlich, dass es seit einem Matching-Format im Juni 2022 mit einem etablierten Unternehmen im Austausch ist - Termine wurden immer wieder verschoben. Erfolge sind also nicht maßgeblich vom Format abhängig, sondern vielmehr von Unternehmenssituationen und den dortigen Ansprechpersonen.
WTSH online Redaktion: und welches „Format“ bringt Eurer Meinung nach am meisten?
Peer Biskup: Da wir jährlich rund 300 Unternehmen beraten, wissen wir relativ genau, welches Unternehmen welchen Bedarf hat. Hier vermitteln wir häufig Kooperationen zu wissenschaftlichen Einrichtungen, aber auch zu anderen Unternehmen. Und dies können durchaus auch StartUps sein. Matching-Plattformen, zum Beispiel im Internet, können ein erster Ansatzpunkt sein, jedoch meistens nicht mehr. Wir bevorzugen die direkte Ansprache.
Dr. Annelie Tallig: Sehe ich auch so. Ich bin grundsätzlich der Meinung, dass 1:1 Matchings mit einem direkten Intro ohne viel Brimborium ein sehr effektives Format darstellen. Das erfordert allerdings unsererseits ein ausgesprochen gutes Gespür, um unsere Kunden nur mit wirklich relevanten und interessanten Produkten, Dienstleistungen und Personen in Kontakt zu bringen. Allerdings stelle ich auch fest, dass über themenspezifische Events, bei denen ausgewählte Unternehmerinnen und Unternehmer aufeinandertreffen, Kooperationen in Bereichen entstehen, die ich nicht unbedingt vorausgesagt hätte. Vermutlich die Beteiligten selbst nicht. Matchings liegen selten auf der Hand.
WTSH online Redaktion: Habt ihr Beispiele dafür, was sich aus solchen direkten Matchings entwickelt hat?
Dr. Annelie Tallig: Vor etwas über einem Jahr habe ich ein StartUp mit einem etablierten Player im Bereich Food & Beverage vernetzt. Beide gehen seit Kurzem fest, auch finanziell, gemeinsame Wege, um das Produkt auf den Markt zu bringen. Hier wird nebenbei auch deutlich, wie viel Zeit zwischen Kontaktanbahnung und einem Ergebnis liegen kann. Ein anderes erfolgreiches Matching, das sich zu einer Kunden-Lieferanten-Beziehung entwickelt hat, haben wir 2022 zwischen einem No-Code-Entwickler und einem großen KMU initiiert, welches dadurch seine Serviceprozesse effizienter gestaltet. Aktuell hoffe ich auf positives Feedback zu einer Vernetzung von einem StartUp und einem KMU im Batterie-Bereich.
Peer Biskup: Und noch ein weiteres Beispiel: Eine Kooperation konnte zwischen einem Unternehmen aus dem Bereich Röntgentechnologie und einem StartUp aus dem Bereich Drohnen, initiiert werden.
WTSH online Redaktion: Wenn es darum geht, KMU mit StartUps zusammenzubringen, zieht ihr zwei am selben Strang. Die eine mit dem Blick auf die StartUp Szene im Land, der andere mit dem Blick auf etablierte Unternehmen. Wie gelingt es Euch zu finden, wer zu wem passen könnte? Erfahrung? Gespür?
Peer Biskup: Tatsächlich spielen Erfahrung und ein gewisses “Bauchgefühl” eine nicht zu unterschätzende Rolle. Viel zuhören, kombinieren und unser internes WTSH-Netzwerk sind echte Erfolgsgaranten beim Finden der richtigen Partner. Allerdings muss es auch thematisch und menschlich gut passen.
Dr. Annelie Tallig: Nur anhand objektiver Kriterien kann man diese Aufgabe nicht wahrnehmen. Aus meiner Sicht gibt es mindestens drei relevante Punkte: Mein Team muss die StartUps sehr gut kennen, und damit meine ich nicht, anhand eines Pitchdecks. Auch die handelnden Personen müssen wir einschätzen können, deren Hintergrund und Erfahrungen sowie die kurze Unternehmenshistorie. Das Innovationsberater Team muss wiederum die Herausforderungen der Unternehmen sehr konkret erfassen. Dabei geht es nicht um allgemeingültige Herausforderungen, wie z.B. den Fachkräftemangel, sondern um Details und Inhalte, die einer Vertrauensbasis bedürfen. Schlussendlich müssen unsere Teams sehr gut und ständig miteinander kommunizieren.
WTSH online Redaktion: Wie werdet Ihr künftig Euer Angebot weiterentwickeln?
Dr. Annelie Tallig: Wir haben bereits diverse Erfahrungen mit unterschiedlichen Formaten gemacht, u.a. 1:1 Matching, Gruppen-Matching, Reverse Pitches. Diese gilt es auszubauen und weitere Ideen zu testen. In der WTSH sind wir branchen- und themenagnostisch unterwegs, da gibt es eine Menge Spielraum. Ein wichtiger Ansatz ist aus meiner Sicht ebenfalls, sich nicht nur zeitgleich auf StartUps und KMU aus Schleswig-Holstein zu fokussieren. Für „unsere“ StartUps können auch Unternehmen aus anderen Regionen und Ländern hochinteressant sein, ebenfalls für die KMU aus SH StartUps aus anderen Regionen und Ländern. Auch als landesweiter Förderer muss man also weiter blicken und sein überregionales Netzwerk nutzen.
Peer Biskup: Wir werden die Komponente “neue Technologien” durch StartUps in unserer Beratungstätigkeit deutlich ausbauen. Dazu nutzen wir auch überregionale Netzwerke, zum Beispiel die Gründungsnetzwerke im gesamten Bundesgebiet oder auch die Angebote des TransferAllianz e.V. Daneben entwickeln wir gemeinsam mit Annelies Team Formate, bei denen sich StartUps und KMU begegnen können. Fokussiert und themenorientiert.
Unser Service
Das Interview führte Ute Leinigen.