Wasserstoff effizient, sicher und platzsparend speichern

Wir haben mit Prof. Dr. Julian Jepsen, stellvertretender Institutsleiter am Institut für Wasserstofftechnologie des Helmholtz-Zentrums Hereon über die Speicherung von Wasserstoff gesprochen. 

Ein Mann im weißem Hemd erklärt eine technische Apparatur

WTSH-Onlineredaktion: Herr Jepsen, welche Forschung betreiben Sie zurzeit am Institut für Wasserstofftechnologie? 

Jepsen: Der Schwerpunkt der Arbeit unseres Forschungsteams das zurzeit aus rund fünfzig Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen besteht, ist die Speicherung und Kompression von Wasserstoff. Dabei setzen wir auf eine sehr innovative Methode. Wir arbeiten mit Metallpulvern, die in der Lage sind, Wasserstoff wie ein Schwamm aufzunehmen. Die Systemintegration, also der Transfer unserer Forschung in die Praxis ist uns dabei sehr wichtig, denn der Aufbau der Wasserstoffwirtschaft soll voran gehen. 

WTSH-Onlineredaktion: Wie funktioniert die Speicherung von Wasserstoff im Metall genau?

Jepsen: Einige Metalle und Metalllegierungen sind in der Lage, gasförmigen Wasserstoff zu speichern.  Dabei lagern sich die Wasserstoff-Atome auf atomarer Ebene in den sogenannten Zwischengitterplätzen des Metalls ein. Metall und Gas gehen eine Verbindung ein, das Ergebnis ist ein Metallhydrid. Während bei der Wasserstoffaufnahme Wärme freigesetzt wird und ein leicht erhöhter Druck zur Verfügung gestellt werden muss, hier reicht meist schon ein Druck von weniger als 50 bar, muss man für die Abgabe Wärme zuführen und außerdem den Druck wieder reduzieren. Mit dieser Methode können wir, im Gegensatz zu üblichen Druckgastanks, Wasserstoff sehr kompakt und bei niedrigem Druck speichern, was besonders sicher ist. Diese Technologie ist einsatzbereit und sie wird im Land Schleswig-Holstein in der Zusammenarbeit mit der nationalen und internationalen Forschungsgemeinschaft ständig weiterentwickelt. 

WTSH-Onlineredaktion: Wo werden Metallhydrid-Tanks eingesetzt: Bei stationären Anlagen oder in der Mobilität?

Jepsen: Wir forschen sowohl zu den stationären als auch zu mobilen Systemen. Wir können unsere relativ schweren Metallhydrid-Tanks hervorragend in Wohngebäuden oder der Industrie zur Anwendung bringen, weil dort Gewicht nicht so eine große Rolle spielt. Im Luftfahrt-Bereich hingegen sind Metallhydride nicht die richtige Wahl, dafür sind sie einfach zu schwer. In der Schifffahrt wiederum können wir unseren größten Schwachpunkt als Vorteil umwandeln, denn das Gewicht des Metallhydrid-Tanks kann im Schiffskörper zur Stabilisierung eingesetzt werden. Generell gilt in allen möglichen Einsatzbereichen ein Wettbewerb der Technologien. Auf der Straße ist der forcierte Einsatz der Wasserstofftechnologien im Schwerlastbereich wahrscheinlich. Kleinere Pkw sind auch mit einem konventionellen batterieelektrischen Antrieb gut ausgestattet. Aber der Metallhydridspeicher kann Pkw eine höhere Reichweite und deutlich kürzere Betankungszeiten als ein batterieelektrischer Antrieb ermöglichen - und hochkapazitive Akkumulatorensysteme bringen ebenfalls ein hohes Gewicht mit an Bord eines Fahrzeugs. 

WTSH-Onlineredaktion: Was ist das Ziel des Einsatzes des Metallhydrid-Tanks auf dem Forschungsschiff Coriolis? 

Jepsen: Zunächst einmal möchten wir den Kollegen an Bord jederzeit den Wasserstoff-elektrischen Antrieb ermöglichen. Gleichzeitig ist die Coriolis ein schwimmendes Real-Labor, um unsere Technologie zu testen. Auf diesem Schiff sind die Metallhydrid-Tanks an Deck platziert und nicht im Bauch des Schiffes. Mit diesem Aufbau demonstrieren wir, dass sich das System auch nachträglich auf Schiffen integrieren läßt. Außerdem haben wir so leichter Zugriff auf das Speichersystem. Zum weiteren Optimieren des Gesamtsystems nutzen wir einen digitalen Zwilling der Coriolis, der das Verhalten des Schiffes jederzeit digital abbildet. Die praktische Erprobung an Bord des Schiffes ist aber enorm wichtig, damit wir unsere Simulationen validieren können und so sicherstellen, dass wir auch wirklich die Realität abbilden, ehe wir weitere Optimierungen am Computer vornehmen. 

WTSH-Onlineredaktion: Welchen Zweck hat die wasserstoffbetriebene Bordstromanlage? 

Jepsen: Ein Schiff wie die Coriolis ist nicht immer auf See unterwegs, sondern liegt auch viel im Hafen vor Anker und benötigt dort für den operativen Betrieb und die Forschungsaktivitäten Strom. Konventionelle Schiffe sind für die Liegezeiten im Hafen in der Regel mit einem Dieselgenerator ausgestattet, der Strom erzeugt. Diese Generatoren verursachen an Bord Lärm und Vibrationen und geben im Hafengebiet Schadstoffemissionen wie CO2 und Feinstaub in die Luft. Die Coriolis hat die Möglichkeit, ihren Bordstrom Wasserstoff-elektrisch zu erzeugen, so dass der Kapitän an Bord höchstens seinen Wasserkocher rauschen hört - und die Umgebungsluft im Hafen bleibt sauber. Die Erzeugung des Bordstroms über eine Wasserstoff-Brennzelle könnte neben dem eigentlichen Antrieb in der Zukunft eine Alternative zum Dieselgenerator oder der Landstromversorgung von Schiffen werden. 

WTSH-Onlineredaktion: Wie weit ist die Anwendung von Wasserstoff-Technologien in der Praxis heute? 

Jepsen: Wir können Wasserstoff in die Anwendung bringen, und zwar in den verschiedensten Bereichen, mobil wie stationär. Wir müssen es schaffen, regulatorische Rahmenbedingungen bereitzustellen, die einen schnellen Markthochlauf ermöglichen. Ein weiteres Thema ist die Schaffung von Akzeptanz gegenüber der Wasserstoff-Technologie: Wir müssen raus aus dem Labor, hin zu den Leuten und demonstrieren wie gut diese Technologie jetzt schon ist und welche Vorteile sie bringt. Dann wird auch die Wirtschaft mehr Mut beweisen und die Vision von Elektrolysekapazitäten im Gigawattbereich kann schneller umgesetzt werden. 

Unser Service

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