Ziemlich beste Nachbarn
Erfolgreiche Kooperation zwischen Schleswig-Holstein und Dänemark
Kaum eine Region steht so sehr für das vereinte Europa wie das deutsch-dänische Grenzland. Besonders in Flensburg, einst als Handelssiedlung im Königreich Dänemark gegründet, wähnt sich so mancher Auswärtige nicht mehr in Schleswig-Holstein, sondern angesichts der zahllosen dänischen Flaggen, dänischen Geschäfte und dänisch sprechenden Menschen schon im Nachbarland jenseits der Grenze. Einer Grenze wohlgemerkt, deren Verlauf vor gut 100 Jahren per Volksabstimmung festgelegt wurde - ein weltweit einmaliges Ereignis.
Historisch, wirtschaftlich, kulturell und durch zahllose Freundschafts- und Familienbande eng verknüpft, gilt die deutsch-dänische Nachbarschaft und Kooperation in vielen Bereichen als vorbildlich, unter anderem in der Minderheitenpolitik.
Dass mit Claus Ruhe Madsen im Juni 2022 ein Däne in Schleswig-Holstein Minister für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus wurde, passt ins Bild. Nur zwei Monate später gaben die Außenministerien beider Staaten mit dem "Gemeinsamen Aktionsplan für die künftige deutsch-dänische Zusammenarbeit" den Startschuss für eine Weiterentwicklung der ohnehin schon engen Beziehungen. In dem Grundsatzpapier haben sich Dänemark, Deutschland und Schleswig-Holstein verpflichtet, grenzüberschreitende Aktivitäten zu fördern und weiterzuentwickeln. Etwaige noch bestehende Hindernisse für grenzüberschreitende Mobilität sollten identifiziert und beseitigt sowie die kulturellen Bande durch Bildung gestärkt werden.
Sichtbar näher kommen sich Deutschland und Dänemark am Fehmarnsund: Der mit 18 Kilometern längste Absenktunnel der Welt wird über die Ländergrenze hinweg Schleswig-Holstein mit Lolland verbinden, die Fahrzeit auf der Achse Kopenhagen - Hamburg deutlich reduzieren und auch der regionalen Wirtschaft bei der Erschließung neuer Märkte helfen. Der Zeitplan für Nordeuropas größtes Infrastrukturprojekt sieht eine Fertigstellung 2029 vor.
Zu den vorderen Punkten des Aktionsplans gehört die Zusammenarbeit bei Klima, Energie und umweltfreundlichen Lösungen, etwa durch die Einrichtung gemeinsamer Hybrid-Projekte mit Windparks, die mit mehr als einem Land verbunden sind. Digitalisierung, Gesundheit, Ernährung, Landwirtschaft, Verkehrswesen sind weitere Themen. Viel ist schon erreicht, doch es geht immer noch mehr - gemeinsam.
North-Tec: Eine erfolgreiche schleswig-holsteinisch-dänische Partnerschaft
"Sehr entspannt, sehr offen, sehr fair - einfach angenehm." So bringt Ralf Breckling, Geschäftsführer der North-Tec Maschinenbau GmbH, das allgemeine Klima in der Zusammenarbeit mit Geschäftspartnerinnen und Geschäftspartnern in Dänemark auf den Punkt. Das Unternehmen mit Sitz in Bredstedt im Kreis Nordfriesland hat sich auf Erneuerbare Energien und Biogas-Anlagen spezialisiert. Es bietet seinen Kundinnen und Kunden als "Full-Liner" die komplette Projektabwicklung von der ersten Planung über Software Entwicklung und Konstruktion bis hin zur schlüsselfertigen Übergabe, nach Inbetriebnahme auch Serviceleistungen wie Überwachung, Steuerung und Wartung.
2017 hat der Mittelständler erstmals eine Biogas-Anlage im Nachbarland gebaut. Bei der Vorbereitung des Markteintritts wurde North-Tec von der IHK und der Handwerkskammer Flensburg sowie der Außenwirtschaftsberatung der WTSH tatkräftig unterstützt.
"Unser Alleinstellungsmerkmal ist ein sehr hoher Automatisierungsgrad. Das kommt im tech-affinen Dänemark gut an. Dort ist man Deutschland in Sachen Digitalisierung voraus", erklärt Breckling. "Außerdem sind die Anlagen nördlich der Grenze aufgrund anderer gesetzlicher Rahmenbedingungen meistens größer. Da zahlt sich ein hoher Automatisierungsgrad natürlich besonders aus."
Inzwischen ist North-Tec nicht nur mit einer eigenen 2023 gegründeten Tocherfirma auf dem dänischen Markt aktiv, man arbeitet auch unter dem Dach einer dänischen Mutter: Seit März 2024 gehört der Anlagenbauer mit rund 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am Standort Bredstedt zur BioCirc Group mit Sitz in Kopenhagen und Middelfart (Fünen). Eine strategische Partnerschaft zum beiderseitigen Nutzen: "Die Technologien von North-Tec in Kombination mit dem Know-how von BioCirc werden uns in die Lage versetzen, das Potenzial von Biogas effizienter zu nutzen und damit einen entscheidenden Beitrag zur Reduzierung von Treibhausgasen zu leisten", wie es in einer Mitteilung zur Übernahme heißt. Der North-Tec Geschäftsführer nennt weitere Vorteile: "Wir festigen unsere Position in Dänemark, helfen andersherum den Dänen auf dem deutschen Markt. Bei größeren Projekten wissen wir BioCric an unserer Seite."