Der direkte Draht ins High-Tech-Zentrum Silicon Valley
Seit fünf Jahren ist das Northern Germany Innovation Office (NGIO) die Anlaufstelle Nummer 1 für norddeutsche Unternehmen, die den Weg in eine der innovativsten Regionen der Welt suchen - Das Silicon Valley. Von Anfang dabei: Büroleiter Tim Ole Jöhnk. WIr haben mit ihm über Ziele und Aufgaben des NGIO gesprochen.
WTSH-Onlineredaktion: Welche Funktion hat das Northern Germany Innovation Office?
Tim Ole Jöhnk: Das Northern Germany Innovation Office (NGIO) eröffnet mittelständischen Unternehmen aus ganz Norddeutschland den Zugang zum Silicon Valley, einem der innovativsten Standorte weltweit. Umgekehrt unterstützt es auch amerikanische Unternehmen, die an einem Investment interessiert sind. Das NGIO wird vom Land Schleswig-Holstein, der Freien und Hansestadt Hamburg, der Freien Hansestadt Bremen, der Landeshauptstadt Kiel, dem Land Mecklenburg-Vorpommern und norddeutschen Unternehmen getragen. 2023 feiert das NGIO fünfjähriges Bestehen.
WTSH-Onlineredaktion: In welchen Schlüsselbereichen und Technologiefeldern konzentriert sich das NGIO bei seinem Bestreben, Innovationen zu fördern? Welche Unternehmen oder Startups sind für eine Zusammenarbeit mit dem NGIO geeignet?
Tim Ole Jöhnk: Zuerst einmal sind wir allen Branchen gegenüber offen, so dass es mittlerweile viele Kontakte zu Personen, Firmen und Institutionen verschiedener Branchen und Forschungszweige gibt. Somit ist das NGIO zunächst einmal für jede Firma, unabhängig des Geschäftsfeldes, interessant. Den größten Nutzen an den Angeboten des NGIO haben KMU. Und zwar die, die sich - auch aufgrund ihrer Größe - strategisch mit externer Innovation beschäftigen und beispielsweise mit Hochschulen, Forschungseinrichtungen aber auch StarUps kooperieren – aber zu klein sind, um eine eigene Niederlassung im Silicon Valley zu eröffnen. Aber auch größere Firmen, die einen Einstieg ins Silicon Valley planen, um beispielsweise die Machbarkeit einer Idee zu prüfen, profitieren von unseren Angeboten/Services. Wir unterstützen dabei, Kontakte und Netzwerke aufzubauen und fungieren als Sprungbrett ins Silicon Valley. Hinsichtlich Schlüsselbereichen und Technologiefeldern hat Norddeutschland insbesondere in den Bereichen der erneuerbaren Energien, insbesondere Windenergie und Wasserstoff, Batterietechnologie, Ernährungs- und Gesundheitswirtschaft, Maschinenbau und auch Luftfahrttechnik, Logistik und Landwirtschaft viel zu bieten. Unser Netzwerk ist daher gerade in diesen Branchen besonders gut ausgeprägt.
WTSH-Onlineredaktion: Wie unterstützt das NGIO norddeutsche Startups und Technologieunternehmen bei ihrem Markteintritt in die USA?
Tim Ole Jöhnk: Das NGIO unterstützt dabei die richtigen Partner in den USA zu identifizieren und einen engen Kontakt aufzubauen. Durch unsere guten Kontakte im Silicon Valley und anderen Regionen der USA können wir Startups und Unternehmen mit führenden Persönlichkeiten aus den jeweiligen Branchen zusammenbringen. Das kann von rechtlicher Beratung, Kontakten in der Forschung, bis hin zu Kontakten zu potenziellen Kunden und Investoren sämtlicher Bereiche umfassen. Wir helfen außerdem dabei, die wichtigsten Veranstaltungen, Messen und Interessensgruppen zu finden und identifizieren Wege und Möglichkeiten sich in diesen Foren aktiv zu beteiligen.
WTSH-Onlineredaktion: Inwiefern trägt die Präsenz des NGIO in San Francisco zur Stärkung der Wirtschaft und Technologieentwicklung in Norddeutschland bei?
Tim Ole Jöhnk: Wir leisten seit 5 Jahren einen großen Beitrag, den Technologiestandort Norddeutschland im Silicon Valley und darüber hinaus immer wieder in den Fokus zu rücken und bekannter zu machen. Seit September 2023 ist auch Mecklenburg-Vorpommern mit an Bord. Das erzeugt vor allem eine positive Wahrnehmung, die Letzen Endes in Kooperationen mündet. Wir haben in den vergangenen 5 Jahren mehr als 3000 Personen im Silicon Valley auf Veranstaltungen oder bei Firmenbesuchen das NGIO kennengelernt. Und damit haben sie dann von Schleswig-Holstein, Hamburg und Bremen gehört und von unseren Unternehmen, Hochschulen und Startups. Und seit September auch von Mecklenburg-Vorpommern. Außerdem sind in den letzten Jahren auch durch andere Player wie The Bay Areas und das Städtepartnerschafts-Komitee in San Francisco viele kulturelle Veranstaltungen bespielt worden. Von Filmen des CineMare, über Drachenboot-Rennen, einem Open-Water -Swim von Alcatraz an die Küste bis hin zu den Startups von den Überfliegern, die nach San Francisco kommen: Die Geschichte Norddeutschlands wird oft und gerne erzählt. Wir stellen fest, dass diese Kombination aus wirtschaftlichen, aber auch kulturellen und sozialen Aspekten wichtig ist und damit heben wir uns in gewissem Maße auch zu anderen im Silicon Valley vertretenen Ländern und Organisationen ab. Die Menschen, die wir auf diesen verschiedenen Plattformen kennenlernen, sehen, dass wir uns in all diesen Bereichen als Netzwerkpartner engagieren. Sie helfen uns gerade darum mit ihren jeweiligen Kontakten und Erfahrungen oftmals weiter.
WTSH-Onlineredaktion: Können Sie uns über erfolgreiche Kooperationen berichten, die durch das NGIO unterstützt oder initiiert wurden?
Tim Ole Jöhnk: Das NGIO seit hat Juli 2018 Rund 260 Unternehmen aus Schleswig-Holstein, Hamburg und Bremen durch Kontakte zu Unternehmen und Institutionen im Silicon Valley, Informationen zu Technologien und Gesetzesentwürfen, Startup-Scouting Aktivitäten oder Terminvermittlungen unterstützt. Erfolge sind etwa zwei Investments aus dem Silicon Valley in norddeutsche Startups, die Kollaboration zweier großer Kliniken zum Thema föderiertes Lernen im Bereich der Künstlichen Intelligenz in der Krebsforschung, oder eine Partnerschaft zwischen einem norddeutschen Unternehmen aus der Nahrungsmittelindustrie mit einem in diesem Bereich führenden Startups aus dem Silicon Valley.
WTSH-Onlineredaktion: Die größten Unterschiede zwischen norddeutschen Unternehmen und den im Silicon Valley ansässigen?
Tim Ole Jöhnk: Im Silicon Valley gibt es mit über 40.000 StartUps die größte Ballung an jungen Unternehmen in den USA, und es ist nach wie vor DER Hotspot für Gründerinnen und Gründer. Was viele meiner Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner in den USA immer wieder überrascht, sind die Investitionen und Support-Programme der öffentlichen Hand in Deutschland. Egal ob es dabei um Stipendien oder andere Zuschüsse geht – etwa Initiativen wie der Überflieger Wettbewerb, der es StartUps ermöglicht zum Erfahrungsaustausch in die USA zu reisen – solche Programme währen im Förderwesen der USA kaum vorstellbar. Das ist großer Unterschied. Auf der anderen Seite ist die Venture Capital Szene im Silicon Valley etwa fünf Mal so groß, wie der gesamte deutsche Venture-Markt. Schauen wir auf die Zahlen: das Silicon Valley verzeichnete in 2022: rund 16 Mrd. USD Funding, in Deutschland waren es 3,3 Mrd. USD. Firmen und Investoren in den USA denken bei diesen Summen in oftmals größeren Dimensionen und sind agiler. Dinge werden schneller finanziert, ausprobiert, skaliert, oder aber auch wieder verworfen.
WTSH-Onlineredaktion: Ist die Zusammenarbeit der deutschen und amerikanischen Unternehmen wechselseitig profitabel?
Tim Ole Jöhnk: Ja. Wäre sie es nicht der Fall, dann würden sich ein Partner nicht am Austausch beteiligen. Jede Anfrage und jeder Kontakt müssen darum von uns natürlich immer genau ausgewählt und vorbereitet werden. Marktgiganten wie Google oder Microsoft können viele Herausforderungen allein lösen. Aber gerade Startups, und zwar auch solche, die bereits weit über 100 Millionen USD eingesammelt haben, brauchen häufig das technologische Know-how in hochspezialisierten Bereichen – sei es in Produktion, Verarbeitung und F&E. Und genau dort hat der norddeutsche Mittelstand hohe Kompetenzen. Innovation entsteht eben nicht im luftleeren Raum, sondern braucht gegenseitigen Austausch und Zusammenarbeit. Und genau da setzen wir mit dem NGIO an: wir bringen zusammen.
Das Interview führte Ute Leinigen