Gut beraten – gut nachgefolgt

Wie der Generationenwechsel bei EDUR zum Erfolg wurde

60%* der Unternehmerinnen und Unternehmer in Schleswig-Holstein beschäftigen sich nicht oder zu spät mit dem Thema Unternehmensnachfolge. Anders beim Kieler Traditionsunternehmen EDUR, Entwickler und Hersteller von Kreiselpumpen. Seit mittlerweile drei Jahren leitet Frederike Holdhof zusammen mit Thomas Nass die Geschicke der Pumpenfabrik. Ein Familienbetrieb, den vorher ihre Eltern 30 Jahre geführt haben. Welche Chancen und Herausforderungen eine solche Weitergabe an die nächste Generation bereithält, hat sie selbst erlebt.  

WTSH-Onlineredaktion: War für Sie und oder Ihre Eltern schon immer klar, dass Sie das Unternehmen übernehmen?

Frederike Holdhof: Ich habe als Kind bereits viel Zeit auf dem Firmengelände verbracht, aber ob ich das Unternehmen einmal übernehmen wollte, darüber habe ich mir damals keine Gedanken gemacht. Natürlich war EDUR als Betrieb immer präsent, in Gesprächen, in unserem Familienalltag. Aber sowohl meine Geschwister als auch ich konnten unsere berufliche Orientierung völlig unabhängig davon durchleben. Ich habe Wirtschaftsingenieurwesen studiert - schon etwas neigungsorientiert mit dem Schwerpunkt Strömungstechnik - und erst einmal bei einer Unternehmensberatung angefangen. Erst im Anschluss bin ich über ein großes Digitalisierungsprojekt bei EDUR eingestiegen und habe schnell festgestellt, dass ich im elterlichen Betrieb doch mehr will als eine Projektleitung.

WTSH-Onlineredaktion: Und die Reaktion Ihrer Eltern?

Frederike Holdhof: Die haben sich sicherlich gefreut. Meine Eltern haben sich, auch aufgrund ihrer eigenen, eher negativen Nachfolge-Erfahrungen schon sehr frühzeitig Gedanken über die Übergabe gemacht und hatten durchaus einen Plan B und C, wie z.B. den Verkauf des Unternehmens überdacht. Von daher fügte sich mein Interesse zu dem Zeitpunkt sehr gut.  

WTSH-Onlineredaktion: Dann haben sie zum 01.01.2021 die Geschäftsführung übernommen. Oder wie kann man sich so eine Übergabe vorstellen?

Frederike Holdhof: Ja, ganz so einfach und schnell ist es nicht gewesen. Insgesamt haben wir ungefähr 3 Jahre Nachfolgeprozess durchlebt. Mit all seinen Höhen und Tiefen. Denn das ist bei einem Familienbetrieb auch immer ein emotionales Thema.

WTSH-Onlineredaktion: Wie haben Sie bei EDUR den Übergabeprozess gestaltet?

Frederike Holdhof: Wir sind sind das ganz strukturiert angegangen. Mit Meilensteinen, Projektplänen, Strategierunden und Gesprächen mit allen Teams. Wir haben parallel zur Übergabe wirklich viel auf den Prüfstand gestellt. Schnittstellen, Verantwortlichkeiten, Prozesse – wir sind ganz tief eingestiegen und haben alles betrachtet, bewertet und teilweise neu aufgestellt. Und mit wir meine ich Thomas Naß und mich. Meine Eltern haben das Unternehmen als Doppelspitze geführt und auch ich wollte nicht alle Bereiche alleine übernehmen. Aber mit Thomas Naß, dem damaligen kaufmännischen Leiter und jetzigen Co-Geschäftsführer, habe ich einen Kollegen, mit dem ich mich sehr gut ergänze. Mir liegen doch eher die Bereiche Vertrieb und Produkte.

WTSH-Onlineredaktion: Thomas Naß kannte die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber auch die operativen Prozesse im Unternehmen zu dem Zeitpunkt wahrscheinlich besser als Sie. War dadurch die Akzeptanz für den Wechsel in der Belegschaft größer?

Frederike Holdhof: Vielleicht, aber ich hatte nie das Gefühl, gegen irgendwelche Widerstände zu übernehmen. Eine frühzeitige Beschäftigung mit der Unternehmensnachfolge bietet den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eben auch ein großes Maß an Sicherheit und Kontinuität. Sie wissen, es geht weiter und zwar als Familienbetrieb. Und sie konnten sowohl an der strategischen Positionierung als auch an der Weiterentwicklung operativer Prozesse partizipieren und eigene Ideen einbringen.

WTSH-Onlineredaktion: Also alles ganz einfach, wenn auch zeitintensiv?

Frederike Holdhof: Ja und nein. Bei uns lief es gut. Ich glaube unter anderem weil wir uns Unterstützung dazu geholt haben. Wir hatten zwei externe Beraterinnen, die beratend aber auch vermittelnd gearbeitet haben. Das ist wichtig. Gerade bei einem Familienunternehmen gibt es eben nicht nur die geschäftliche Komponente, die Übergabe ist auch ein emotionaler Prozess. Externe haben dabei nicht nur einen neutralen Blick, sondern können auch immer wieder den Fokus auf das eigentliche Ziel lenken. Sozusagen immer back to business, wenn es mal emotionaler wird.  

Fazit

Wichtige Faktoren im Nachfolgeprozess sind

  • die rechtzeitige und damit frühzeitige Beschäftigung mit den Herausforderungen
  • einen strukturierten Prozess aufsetzen und konsequent verfolgen
  • externe Hilfe einfordern und annehmen.  

Die Nachfolge Initiative des Landes Schleswig-Holstein: Hier finden Unternehmerinnen und Unternehmer Beratungsangebote und Unterstützung, um den eigenen Nachfolgeprozess optimal zu gestalten.

EDUR-Pumpenfabrik Eduard Redlien GmbH & Co. KG

  • Firmensitz: Kiel, weitere Standorte bundesweit, Joint Venture in China und Malaysia
  • Mitarbeiter: 120
  • Gründung: 1927
  • Services: Pumpen
  • Branchen: Maschinenbau und Elektrotechnik
  • Weitere Informationen: www.edur.com/de

*60% der Unternehmerinnen und Unternehmer über 55 Jahren: Zahlen laut IHK Schleswig-Holstein

Das Interview führte Sabine Konejung

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