Mit nachhaltigen Konzepten zum Innovationstreiber im Mittelstand

Nachhaltigkeit ist heute für viele Unternehmen zentraler Bestandteil ihrer Strategien. Dabei gehen die Konzepte weit über den ökologischen Aspekt hinaus. Energieeffizienz, Menschenrechte, langlebige Produkte oder ein nachhaltiges Personalmanagement sind weitere Facetten, die nachhaltiges Wirtschaften ausmachen. Gerade für kleine und mittelständische Unternehmen ist dies oft mit großen Herausforderungen verbunden, denen auf der anderen Seite aber viele Vorteile und Zukunftschancen gegenüberstehen.

Group of business people assembling jigsaw puzzle and represent team support and help concept

Auch WTSH-Geschäftsführer Dr. Bernd Bösche weiß um die Relevanz von nachhaltigem Wirtschaften. "Ich habe den Eindruck, daß Nachhaltigkeit in den letzten Jahren im Mittelstand an Bedeutung gewonnen hat. Gerade im Hinblick auf die Fachkräftegewinnung ist es wichtiger geworden, sinnstiftende Aufgaben mit einer nachhaltigen Perspektive wahrzunehmen. Nachhaltige Unternehmen tragen außerdem zum Bild eines modernen, zukunftsorientierten Wirtschaftsstandortes bei", sagt er. 

Auch Studien belegen die Bedeutung des Themas. So sind laut einer Umfrage des Bundesverbandes Unternehmensgrün e.V. vom Mai 2020 nachhaltige Unternehmen resilienter gegenüber Krisen. 

Nachhaltige Produkte und lokale Lieferketten

Witte

Ein Betrieb, der zeigt, wie es gehen kann, ist die Witte Pumps & Technology GmbH in Tornesch. Die Firma baut maßgeschneiderte Zahnradpumpen. "Nachhaltigkeit beginnt bei uns schon in der Produktion", betont Geschäftsführer Sven Wieczorek. Alle Pumpen bestehen aus recyclebaren Materialien. Winzige Abstände zwischen den Zahnrädern, mit denen die Pumpen betrieben werden, minimieren die Reibungsverluste und gewährleisten einen hohen Wirkungsgrad sowie einen geringen Energieverbrauch. Zudem fertig Witte Pumpen für nachhaltige Anwendungen, etwa für die Speicherung von Wasserstoff und Recyclinganlagen. Im Betriebsgebäude sorgen dreifach verglaste Fenster, eine Außenverschattung und Energieböden für angenehme Temperaturen ganz ohne Klimaalage. "Nachhaltigkeit bedeutet für uns auch soziale Verantwortung. Deshalb fördern wir diverse regionale Projekte", ergänzt Wieczorek. Auch lokale Lieferketten sind ihm wichtig: 75% der benötigten Waren stammen aus der Metropolregion Hamburg. 

Ausgeklügeltes Energiekonzept

Gute Luft durch ein nachhaltiges Konzept gibt es bei der Kreyenberg GmbH in Norderstedt. Der Hersteller von Präzisionsdreh- und frästeilen hat viel in sein Energiekonzept investiert. "Nachhaltigkeit bedeutet für uns, so zu handeln, dass wir künftige Generationen nicht belasten. Das heißt, daß wir bei allem, was wir tun, auch die Konsequenzen bedenken", betont Prokuristin und Personalleiterin Anne Rose. Nachhaltigkeit beginnt bei Kreyenberg schon mit dem Gebäudekonzept. Statt einer Klimaanlage sorgt in der Fertigung eine Umluftanlage für die ideale Raumtemperatur. Ein ausgeklügeltes Schlauchsystem spendet kontinuierlich frische, kühle Luft. Die Abwärme der Maschinen nutzt der Familienbetrieb für die Beheizung anderer Räume. "Über Absauganlagen wird die Luft gereinigt und gefiltert. Dies reduziert die Belastung durch Aerosole", so Rose. Eine Anlage zur hausinternen Netzoptimierung regelt zudem den Stromverbrauch, um Überlasten zu verhindern und Energie wie Kosten zu sparen. Um 10 bis 20% will Kreyenberg seinen Energieverbrauch mit den Maßnahmen senken. Ob dies gelingt, soll bald eine erste Evaluation zeigen. Darüber hinaus gehören 8 Elektroautos und 2 Hybridfahrzeuge zum Fuhrpark. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern stehen 30 Firmenfahrräder, davon 80% E-Bikes, zur Verfügung. Für ein nachhaltiges Personalmanagement setzt Kreyenberg vor allem auf Ausbildung: Pro Lehrjahr werden 9 Azubis eingestellt, von denen möglichst alle unbefristet übernommen werden. 

Nachhaltigkeit als Weltreise

"Nachhaltigkeit ist eine Weltreise, kein Städtetrip. Für uns bedeutet das, ökologische, soziale und ökonomische Verantwortung zu übernehmen und die Zukunft aktiv mitzugestalten. Nachhaltiges Wirtschaften beginnt bei uns deshalb schon mit der Bodenbearbeitung und zieht sich bis zum Verkaufsregal", sagt Rainer Carstens, Geschäftsführer der Westhof Bio-Gemüse GmbH & Co. KG in Friedrichsgabekoog. Auf rund 1.000 Hektar baut das Unternehmen diverse Sorten von Biogemüse an. Um die Gesundheit von Boden und Pflanzen zu gewährleisten und bestmögliche Produkte zu bekommen werde das Gemüse ausschließlich in der natürlichen Fruchtfolge angebaut. Der Betrieb spricht sich außerdem gegen die Verschwendung von Lebensmitteln aus. "Beschädigtes Gemüse verwenden wir wenn möglich für die Tiefkühlprodukte unserer Firma Bio-Frost. Geht auch das nicht, schauen wir, ob man noch Saft draus machen kann. Gemüse, das gar nicht mehr für die Lebensmittelproduktion taugt, verwerten wir entweder zu Tierfutter oder für den Betrieb unserer Biogasanlage", so Carstens. Den so entstehenden Strom speist der Betrieb zusammen mit der Energie aus seinen Fotovoltaikanlagen in das Stromnetz ein. Ein Beitrag zur Energiewende. "In unserer Tiefkühlfabrik wollen wir außerdem eine neue Verarbeitung aufbauen. Durch einen netzdienlichen Stromverbrauch und Energiespeicher wollen wir mehr als 50% Energie einsparen", verrät Carstens. 

Nachhaltiges Reise- und Tagungsland

Auch die Tourismusbranche in Schleswig-Holstein setzt verstärkt auf den Megatrend Nachhaltigkeit, sowohl im Urlaubssegment "Sustainable Tourism" als auch im Tagungssegment "Green Meetings". "Hotelinvestorinnen und Hotelinvestoren treten immer häufiger mit nachhaltigen Konzepten an uns heran, dies auch wegen der wachsenden Nachfrage nach nachhaltigen Reisen", weiß Birte Pusback, Leiterin des Tourismusreferates im Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus.

"Laut der jüngsten Analyse der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen e.V. vom März 2020 legen 43% der deutschsprachigen Bevölkerung Wert auf einen möglichst umweltfreundlichen Urlaub. Für 56% ist die Sozialverträglichkeit besonders wichtig", sagt Bettina Bunge, Geschäftsführerin der Tourismus-Agentur Schleswig-Holstein (TA.SH). Auch bei der Nachjustierung der Tourismusstrategie 2025 soll Nachhaltigkeit als zentrale Leitmaxime strategisch und operativ verankert werden. Darüber hinaus bietet das Tourismuscluster Schleswig-Holstein im Rahmen der Nachhaltigkeitsinitiative den KMU eine umfassende Beratung an.

"Auch im Tourismus begreifen wir Nachhaltigkeit in ökonomischer, ökologischer und sozialer Hinsicht. Vor allem der soziale Aspekt gewinnt für die Betriebe zunehmend an Bedeutung. Dazu gehört das Miteinander innerhalb der Unternehmen, aber auch der Umgang mit externen Partnern wie Banken oder Lieferanten. Generell haben alle touristischen Betriebe, die in den letzten Jahren gegründet wurden, den Nachhaltigkeitsgedanken in ihr Konzept aufgenommen", so Clusterleiterin Anke Lüneburg. 

2021 soll der ADAC Tourismuspreis Schleswig-Holstein erstmals Betriebe auszeichnen, die Nachhaltigkeit besonders erfolgreich umsetzen. Hierfür ist bereits der Gewinner von 2019, das Arborea Marina Resort in Neustadt, ein gutes Beispiel. Die Inneneinrichtung des Hauses besteht zum Großteil aus recyclebaren Materialien. "Auch kurze Lieferketten und regionale Wertschöpfung sind Teil unserer Nachhaltigkeitsstrategie. Die Lebensmittel für unser Restaurant beziehen wir daher aus einem Umkreis von 200 Kilometern", so Hoteldirektor Walter Pint. Mit Aktionen wie gemeinsamen Fahrrad- oder Segeltouren machen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zudem die umliegende Natur für ihre Gäste erlebbar. 

Man sieht also: Nachhaltigkeit hat viele Gesichter. Und ihre Vorteile liegen auf der Hand - sowohl für den Mittelstand als auch für die Gesellschaft. Viele Unternehmen in Schleswig-Holstein tragen schon jetzt dazu bei, das Bild eines modernen, zukunftsorientierten Wirtschaftsstandortes zu prägen. In den kommenden Jahren dürften es sicher noch mehr werden. 

Förderprogramm für Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge

Eine zentrale Komponente nachhaltiger Mobilitätskonzepte ist die Elektromobilität. Voraussetzung für den Umstieg ist eine flächendeckende Ladeinfrastruktur. Ihr schneller Ausbau wird daher im echten Norden durch das Land Schleswig-Holstein unterstützt: Das neue Förderprogramm zur Ladeinfrastruktur richtet sich an Unternehmen, Initiativen und kommunale Behörden, die Ladestationen für E-Autos installieren wollen. 

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Nachhaltigkeits-Check

Unternehmen, die Nachhaltigkeit und Innovation erfolgreich miteinander verknüpfen, übernehmen Verantwortung für eine lebenswerte Welt und stärken zugleich ihre Wettbewerbsfähigkeit. Mit dem „Nachhaltigkeits-Check“ des Enterprise Europe Network können kleine und mittlere Unternehmen ihren Status Quo reflektieren und einen Fahrplan entwickeln, um Ihr Unternehmen ökonomisch, ökologisch und sozial nachhaltig aufzustellen.

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